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Das Wasserwerk Teufelssee

Hauptgebäude mit Maschinenhalle und Kesselhaus (alle Fotos: Sarah Evison)

Hauptgebäude mit Maschinenhalle und Kesselhaus (alle Fotos: Sarah Evison)

Beamtenhaus

Beamtenhaus

Rieselergebäude

Rieselergebäude

Filterhalle

Filterhalle

Teichlandschaft

Teichlandschaft

Am Ufer des Teufelssees inmitten des Grunewalds liegt das älteste erhaltene Wasserkraftwerk Berlins. Nach seiner Stilllegung 1969 wurde es Anfang der 1980er Jahre zum Ökowerk umfunktioniert und dient heute als Zentrum für Umweltbildung. 

Geschichte der Berliner Wasserversorgung im 19. Jahrhundert

Ein modernes Wasserversorgungssystem begann sich in Berlin erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu entwickeln. Anstoss dafür war nicht etwa ein Versorgungsproblem – denn die über 5000 Brunnen in der Stadt boten ausreichend frisches Grundwasser –, sondern das durch offene Rinnsteine fliessende Abwasser. Um dem üblen Geruch entgegenzuwirken, dem man damals auch noch die Verbreitung von Krankheiten zuschrieb, mussten die Rinnsteine regelmässig gespült werden. Dafür konnte jedoch nicht genügend Wasser gehoben werden. Erst durch die junge Dampftechnologie sollte dieses Problem gelöst werden können. 1841 entsandte die Stadt Berlin eine Kommission nach London und Paris, um die dortigen Wasseranlagen zu inspizieren. In ihrem Bericht empfahlen die Gutachter den Bau eines Wasserkraftwerks, sowie eines unterirdischen Kanalisationssystems. Schlussendlich wurde das englische Unternehmen Fox & Crampton mit der Planung eines Wasserkraftwerks am Stralauer Tor beauftragt, das nach seiner Fertigstellung 1853 von der Aktiengesellschaft Berlin-Waterworks-Company übernommen wurde. Während die Versorgung von Haushalten zu Beginn nicht im Zentrum stand, entwickelte sich der lukrative Anschluss von Wohnungen ans Wasserleitungsnetz als wirtschaftliche Achillesferse. (Eiden 2006) 

Bau des Wasserwerks am Teufelssee

Als das Wohnen im Grünen in Berlin in Mode kam, entschied der Fabrikbesitzer Albert Werckmeister 1866 in der Nähe von Charlottenburg nach englischem Vorbild die Villenkolonie Westend zu bauen. Da der Wasseranschluss ein schlagendes Verkaufsargument war, wurde von Anfang an auch der Bau eines Wasserwerks eingeplant. Dafür erwarb die 1868 von Heinrich Quistorp gegründete Westend-Gesellschaft Quistorp & Co. das Recht zur forstfiskalischen Nutzung eines kleinen Grundstücks am Teufelssee. Mit dem Bau des Wasserwerks wurden die Ingenieure Hanshent und Schmetzer beauftragt. (Bärthel 1997: 89-94) 

Zunächst entstand 1872 das zentrale Gebäude mit Maschinenhalle und Kesselhaus und daran angrenzend ein Schachtbrunnen und eine Esse. Das Hauptgebäude steht architektonisch in der Tradition frühindustrieller Zweckbauten. Durch die Verwendung gleicher Baumaterialien und Schmuckelemente fügen sich die unterschiedlich grossen Hallen zu einem einheitlich wirkenden Gesamtensemble zusammen. Auch das 1885 angebaute Vorpumpenhaus und das runde Brunnenhaus übernehmen die Materialien und Detaillierungen, wie beispielsweise die axial angeordneten Risalite, oder die auf gleicher Höhe verlaufende Sockellinie und die Traufgesimse. Herzstück der Anlage war die in der Maschinenhalle untergebrachte Dampfmaschine der Wöhlert’schen Maschinenbauanstalt. (Eckert 1988: 273, 277)  

Ein Jahr später folgte 1873 der Bau eines kleinen Beamtenhauses. Der zweigeschossige Bau ist durch angedeutete Seitenflügel symmetrisch gegliedert. Als einzigen Schmuck erhielt die ziegelsichtige Fassade schlichte Einfassungen über den Drillingsfenstern. Im Erdgeschoss befand sich eine Wohnung für den Maschinenmeister und im Obergeschoss vier kleinere Zimmer für die Maschinisten. (Eckert 1988: 277) 

Im Verlauf der nächsten Jahrzehnte wurde das Wasserwerk am Teufelssee, das ab 1878 dann zur Charlottenburger Wasser- und Industriewerke AG gehörte, weiter ausgebaut und an technische Erneuerungen angepasst. Eine umfangreiche Erweiterung der technischen Wasseraufbereitung erfolgte in den Jahren 1892, da das geförderte Grundwasser einen hohen Anteil an Eisen und Algen aufwies, was zu einer gelb-bräunlichen Trübung des Wassers und zu Verstopfungen des Rohrnetzes führte. Um die Trinkwasserqualität durch ein speziell kombiniertes Belüftungs- und Filtrierverfahren zu verbessern, wurden ein Rieselergebäude, eine Filterhalle mit Sandwäsche und ein Reinwasserbehälter gebaut. Das Rieselergebäude mit quadratischem Grundriss ist ein unverputzter, schmuckloser Ziegelbau mit geschlossenen Wänden. In den acht Kammern im Innern wurde das Wasser über gelochte Wellbleche verteilt und durch zweieinhalb Meter hohe Steinpackungen verrieselt. In den Filterhallen, deren Mauerwerk dreieinhalb Meter in die Erde versenkt war, wurde das Wasser durch eine Sandschicht filtriert. Danach musste jeweils die oberste Sandschicht mit Schaufeln abgetragen und in der Sandwäsche nebenan gereinigt werden. Am Ende wurde das aufbereitete Trinkwasser im unterirdischen Reinwasserbehälter aus Beton gespeichert. (Eckert 1988: 274–277) 

Das Versorgungsgebiet der Charlottenburger Wasser- und Industriewerke AG wuchs bald über die Grenzen von Westend und Charlottenburg hinaus und versorgte Gemeinden bis nach Neukölln und Zehlendorf. Um die dafür notwendigen Förderkapazitäten zu erreichen, wurden um die Jahrhundertwende weitere Werke in Beelitzhof am Wannsee, in der Jungfernheide, in Johannisthal und in Tiefenwerder gebaut. Nach der Bildung Gross-Berlins im Oktober 1920 wurden die Wasserwerke in den Berliner Städtischen Wasserwerken zusammengeschlossen, wobei die Charlottenburger Wasser- und Industriewerke AG ein eigenes Wirtschaftsunternehmen blieben. Am Wasserwerk am Teufelssee wurden nur noch geringfügige Änderungen vorgenommen und es blieb ansonsten baulich in unverändertem Zustand in Betrieb, bis es 1969 aus hygienischen und technischen Gründen stillgelegt wurde. (Bärthel 1997)

Rettung des Industriedenkmals und Umnutzung als Ökowerk

Seiner Funktion beraubt, sollte das Wasserwerk 1974 abgerissen werden, weil die Berliner Wasserwerke keine Möglichkeit zu Erhaltung sahen. Der Vorschlag einer musealen Umnutzung wurde aufgrund der peripheren Lage abgelehnt. Daraufhin begann sich in der Öffentlichkeit, Widerstand gegen die Abrisspläne zu regen. Aus den vielen vorgeschlagenen Umnutzungsprojekten wurde schlussendlich die Idee eines Gastronomen aufgegriffen, der das Gelände zu einer Ausflugsstätte umbauen wollte. Doch als sich das ursprüngliche Programm immer mehr zu einem kommerziellen Angebot mit Tennis, Minigolf, Reiten, Schwimmbad und Konzertbühne im Freien erweiterte, entzog die Naturschutzbehörde dem Projekt den Boden. (Eckert 1988: 278–280) 

Im Jahr 1980 legte die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e.V. ein neues Nutzungskonzept vor, das das Wasserwerk zu einem Zentrum für Umweltbildung umfunktionieren wollte. 1981 wurden die Gebäude aufgrund ihrer technikgeschichtlichen Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt und 1985 öffnete das Ökowerk seine Türen. Auch wenn die Voraussetzung für die Erhaltung von Baudenkmälern deren fortgesetzte Nutzung ist, birgt dies immer auch die Gefahr der Verfremdung. Beispielsweise wird die funktionale Einrichtung der Bauten und die ursprüngliche Nutzung des Geländes durch den Fokus auf den Naturschutz in den Hintergrund gedrängt. (Eckert 1988: 280–283) Zwischen den historischen Gebäuden ist eine Teichlandschaft angelegt, wo Wasserorganismen beobachtet werden können, und verschlungene Wege führen über das Gelände zur Wildbienenwand, einem Trockenrasenhang, einem Garten mit Gemüse und Heilpflanzen, oder einer Streuobstwiese. Damit engagiert sich das Ökowerk für den Schutz von gefährdeten Lebensräumen und Arten. Bei der Renaturierung geht es jedoch nicht nur um die Bewahrung von menschgemachten Lebensräumen, wie beispielsweise des Sanddachs der Filterhalle, wo sich ein einzigartiges Flechtenvorkommen entwickelt hat, sondern auch um eine kritische Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Wasserwerks auf die umgebende Natur. Durch die jahrzehntelange Wasserförderung ist zum Beispiel der Grundwasserspiegel langsam abgesunken, was zu einem allmählichen Austrockenen des angrenzenden Moors beigetragen hat. Um den Teufelsfenn zu retten, speist das Ökowerk daher Grundwasser aus dem letzten verbliebenen Tiefbrunnen in das Moor. Auf diese Weise verbindet das Ökowerk den Erhalt von Industriekultur mit dem Umweltschutzgedanken. (Website Ökowerk


Sarah Evison

Quellenverzeichnis:

Bärthel, Hilma; Berliner Wasserbetriebe (Hrsg.) (1997): Wasser Für Berlin. Berlin.

Berliner Zentrum Industriekultur (o.D.): Naturschutzzentrum Ökowerk. Ein Wasserwerk im Grunewald. https://industriekultur.berlin/ort/naturschutzzentrum-oekowerk/ (Letzter Zugriff: 01.08.2023).

Eckert, Kurt (1988): Das Wasserwerk Teufelssee, in: Huse, Norbert: Verloren, Gefährdet, Geschützt, Baudenkmale in Berlin. Ausstellung Im Ehemaligen Arbeitsschutzmuseum Berlin-Charlottenburg, 7. Dez. 1988 bis 5. März 1989, Berlin 1988, S. 273-283.

Eckert, Kurt (1998): Wasserwerk und Ökowerk Teufelssee, Grunewald, in: Landesdenkmalamt Berlin: Vorbildliche Denkmalpflege in Berlin. Reparieren, Renovieren, Restaurieren, Berlin 1998, S. 44-45.

Eiden, Christian (2006): Versorgungswirtschaft als regionale Organisation. Die Wasserversorgung Berlins und des Ruhrgebietes zwischen 1850 und 1930. Essen.

o.A. (o.D.): [Website des Ökowerks]. https://www.oekowerk.de (Letzter Zugriff: 01.08.2023).