Ästhetik und Poetik der Energie
Diese Lehrveranstaltung findet vollständig online statt.
(16430)
Typ | Hauptseminar: online |
---|---|
Dozent/in | Prof. Dr. Susanne Strätling |
Beginn | 03.11.2020 | 16:15 |
Zeit | Di 16:15-17:15 |
Energie ist vor allem als physikalische Größe vertraut – als elektrische Energie, als mechanische Energie, als chemische Energie usw. Dem Seminar liegt die These zugrunde, dass Energie nicht nur in Naturwissenschaft und Technik eine zentrale Rolle spielt, sondern eine grundlegende Kategorie von Poetik und Ästhetik ist. In der antiken Rhetorik fundiert enérgeia die Theorie der Metapher, sie begleitet als Zwillingsfigur der enárgeia die klassischen Debatten um Anschaulichkeit, modelliert als “thermopoetics” (Goldt) oder entropische “poetics of fatigue” (Rabinbach) den Roman des 19. Jahrhunderts, prägt die moderne Dynamisierung der Medienkünste und wird schließlich in der zeitgenössischen Theater- und Aktionskunst zum Schlüsselkonzept performativer Präsenzästhetik. Das Seminar rekonstruiert zunächst ausgewählte Stationen der interdisziplinären Begriffsgeschichte der Energie und diskutiert seine Nähe zu anderen ästhetiktheoretisch relevanten physikalisch induzierten Begriffen (wie etwa dem der „Kraft“). Dieser begriffsgeschichtliche Rekurs geschieht mit Blick auf den Schwerpunkt der Seminararbeit: die Auseinandersetzung mit Praktiken und Programmatiken einer künstlerisch-literarischen Energetik. Exemplarische Untersuchungsgegenstände werden u.a. sein: Platon: Ion; E.T.A. Hoffmann: Der Magnetiseur (1813); Georg Kaiser: Der kommende Mensch oder Dichtung und Energie (1922); Andrej Platonov: Die Heimat der Elektrizität (Rodina elektricestva, 1926), Upton Sinclair: Oil! (1927), Lev Kulešov: Vierzig Herzen (Sorok serdec, 1930), Fedor Gladkov: Energie (Energija, 1932), John Dewey: Art as Experience (1934); Marina Abramovic (Rhythm, 1973-74).