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Interesse am und auf dem Spiel: Realismus in der künstlerischen Prosa und politischen Theorie Ende des 19. Jahrhunderts

(5260057)

Dozent/inProf. Dr. Michal Mrugalski
InstitutionHU Berlin
Webadresse
RaumDorotheenstraße 65 Raum 542
Beginn17.10.2018 | 12:00
Zeit

Mittwoch 12 - 14 Uhr

In der Gegenwart erfährt ein neuer Realismus Konjunktur – sowohl in den Künsten, die sich allesamt im Bewältigen von Weltproblemen engagieren und dabei den Gedanken an die Kunst um der Kunst willen ablehnen, als auch in der Politik, die sich von den bis vor kurzem leitenden Utopien zugunsten eines unverhüllten Interessenspiels auflöst. Das ist ein guter Anlass, um die goldene Epoche des Realismus in der slavischen Literatur und der politischen Theorie – die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts und die Wende zum 20. Jahrhundert – ins Auge zu fassen. Als politischer Realismus galten damals sowohl der Nationalismus als auch der (wissenschaftliche, Marx‘sche) Sozialismus, für die beide das Politische und das Ökonomische ein Spiel von Rassen- bzw. Klasseninteressen war. Spätestens seit dem Aufkommen der postcolonial studies wächst das Bewusstsein, dass diese beiden Strömungen, die scheinbar in schärfster Opposition zueinanderstehen, zwei Seiten derselben Münze sein können. Gewiss bestimmten sie das gesellschaftliche Leben, welches von der realistischen Kunstprosa modelliert wurde. Während des Seminars werden wir Hauptwerke des polnischen und russischen Realismus mit Blick auf das Spiel des doppelten sozialen und nationalen politischen Realismus sowie die Verfahren analysieren, die den Effekt des Realen hervorbringen, um das Interesse des Lesers zu lenken. Gelesen werden Werke von Eliza Orzeszkowa, Bolesław Prus, Henryk Sienkiewicz, Stefan Żeromski, Władysław St. Reymont, Wacław Berent, Andrzej Strug, Aleksandr Gercen, Nikolaj Černyševskij, Ivan Turgenev, Lev Tolstoj, Anton Čechov, Vladimir Korolenko.