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Wem gehört die Literatur? Literatur und Eigentum: ein vieldimensionales Spannungsverhältnis

(5260160HU)

TypSeminar
Dozent/inSusanne Frank
InstitutionHumboldt-Universität
Webadresse
SpracheDeutsch
RaumDorotheenstraße 65 Raum 542, Techn.U-Raum
Beginn19.10.2016 | 16:00
Zeit

Mi, 16:00-18:00

In einer vergleichenden Perspektive auf die russische Literatur führt das Seminar in ein aktuelles Forschungsfeld der kulturwissenschaftlich und praxeologisch ausgerichteten Literaturwissenschaft ein:

In einer systematischen Annäherung an poetologische, kulturhistorische und juristische Dimensionen der kulturhistorisch orientierten Frage nach der Beziehung von Literatur und Eigentum werden wir sowohl die im europäischen Kontext typischen wie auch die spezifischen Momente dieser Beziehung in der russischen Literatur herausarbeiten.

Einen Schwerpunkt wird das Verhältnis von Autor und Werk bilden: erstens in Hinblick auf die Geschichte der Autorenrechte (copyright) und zweitens auf den historisch immer wieder neu modellierten Autorbegriff („Tod des Autors“, „personažnyj avtor“, intertextualitätstheoretische Entgrenzung des Textbegriffs). Immer wieder geraten beide Dimensionen in Rezeptionsprozessen der Gegenwart in ein Spannungsverhältnis, insbesondere dann, wenn Plagiatsvorwürfe erhoben werden.

Einen zweiten Schwerpunkt bildet die Frage nach der Rolle der Literatur im Zusammenhang der Konstruktion von kulturellem Eigentum: wie wurde und wird Literatur als wichtiger Bestandteil des kulturellen Erbes verhandelt? Welche Rolle spielt dabei ein Alternieren oder eine Kombination von nationalem und imperialem kulturellem Erbe? Übersetzung als interkulturelle Strategie der Aneignung im Sinne von Identifikation oder Integration ist für die russische Literatur, die in mehreren Phasen ihrer historischen Entwicklung mithilfe umfassender Übersetzungsprojekte neu modelliert wurde, von besonderer Relevanz. Sowohl der juristische Aspekt (die spezifische Geschichte des copyright für literarische Übersetzungen) als auch „Übersetzbarkeit“ als generelle – und kontinuierlich wirksame – Prämisse des literarischen Prozesses in Russland sind hier zentral.

Noch in einer dritten Hinsicht soll Literatur und Eigentum zum Gegenstand unserer Untersuchung werden: In Hinblick auf die als Teil des nationalen (und zugleich imperialen) Identitätsdiskurses geführte Diskussion um den Eigentumsbegriff bzw. um die Ablehnung von persönlichem Eigentum als Merkmal der ‚russischen Kultur’. Wir werden den literarischen Spuren dieser Diskussion in der Literatur des 19. Jahrhunderts nachgehen.