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Geste, Bild, Gestalt

(16416)

TypSeminar - Modul B
Dozent/inProf. Dr. Georg Witte, Elena Vogmann
RaumKL 29/208
Zeit

Mo 12-14 Uhr

Zwischen Psychologie und Kunst in Russland der Jahrhundertwende zirkulieren nicht nur theoretische Impulse, sondern auch konkrete mediale Praktiken. Fotografie und Film ermöglichen es, die Ausdrucksbewegungen als Prozess still zu stellen und ihre Einzelphasen zum sichtbaren und messbaren Untersuchungsobjekt zu machen. Körpertechniken in Theater und Tanz machen gestische Motorik trainier- und manipulierbar. In den "motorischen Impulsen" poetischer Rhythmik verbinden sich "Redegeste" und "Körpergeste". Die so generierten Bewegungsbilder verfügen außerdem über ein genuines Ausdruckspotential, sie können zu neuen (z. B. filmischen) Bewegungen montiert oder arrangiert werden. Ihre produktions- und wirkungsästhetische Dimension eröffnet jenseits der Disziplingrenzen ein effektives Experimentier- und Erkenntnisfeld zwischen Kunst, Literatur und Psychologie. "Die Geste ist ursprünglicher Embryo der Ausdrucksform, in welche die Emotion einfließt", schreibt Sergej ?jzenštejn (der 1929 an Berliner Instituten der Psychoanalyse und Gestaltpsychologie Vorträge über "Ausdrucksbewegung" hält): ein Embryo, der mittels künstlerischer Technik und Praxis "zur Fülle des plastischen oder akustischen, farblichen oder musikalischen, oder des all diese miteinander verbindenden audiovisuellen Bildes heranwächst." Anhand der Begriffstriade Geste - Bild - Gestalt sollen im Seminar Ausdruckskonzepte der Psychologie, Physiologie und Gestaltpsychologie (Ludwig Klages, Rudolf Bode, Ivan Pavlov, Lev Vygotskij, Hanns Sachs, Kurt Lewin u. a.) mit ästhetischer Praxis und Theoriebildung (Theater: Vsevolod Mejerchol'd, Nikolaj Evreinov; Literatur und Film: Andrej Belyj, Viktor Šklovskij, Sergej ?jzenštejn; bildende Kunst: El Lisickij u. a.) vergleichend diskutiert werden.

Zur vorbereitenden Lektüre empfohlen:

Sergej M. Eisenstein: "Montage der Attraktionen" (1923) und "Montage der Filmattraktionen" (1924). In: Sergej M. Eisenstein: Jenseits der Einstellung. Schriften zur Filmtheorie. Hg. Von Felix Lenz und Helmut H. Diederichs. Frankfurt a. M. (Suhrkamp) 2005, S. 9-40.