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Rohe Stoffe

Kukriniksy: Rohstoffe der Literatur (1931)

Kukriniksy: Rohstoffe der Literatur (1931)

Susanne Strätling

Das Projekt nimmt die theoriegeschichtliche Diskreditierung des Stoffs als formvergessenes ‚Thema‘ zum Anlass für seine Wiederentdeckung unter neuen Vorzeichen: als Rohstoff. In der Moderne bricht sich das klassische Gesetz "Wo Stoff war, muss Form werden" an den Widerstandskräften einer Poetik, die immer stärker auf Konzepte der Ressource, der Materialität und auch der Energie setzt. Dabei gerät nicht nur die etablierte Logik der Veredelung (oder Vergeistigung) des sinnlichen Stoffs zur Form in die Krise. Mit der Erschließung der Rohstoffe der Literatur eröffnen sich zugleich Ansichten auf eine Poetik, die zunehmend der Reflexion auf Arbeit, auf Ökonomie und Ökologie geprägt ist. Diese Bewegung zeichnet das Projekt von der avantgardistischen Entdeckung einer Literatur der rohen Fakten und deren Prozessierung in Literaturfabriken bis in die jüngsten Entwicklungen einer Biopoetik nach. Dabei zeigt sich, dass dem Rohstoff zunehmend ein neuer ästhetischer Konkurrenzbegriff erwächst: der Kunststoff.