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Tag 10 | Vorträge und Besuch des Zentrums für Stadtentwicklung | Donnerstag, 25.9.25

Nach dem theoretischen Vortrag wurde gemeinsam gespielt

Nach dem theoretischen Vortrag wurde gemeinsam gespielt

Vortrag zur Vielfältigkeit Zentralasiens und Verflechtungen innerhalb der Region

Vortrag zur Vielfältigkeit Zentralasiens und Verflechtungen innerhalb der Region

Mittagessen

Mittagessen

Ausflug zum „Zentrum für die Entwicklung der Stadt Almaty“

Ausflug zum „Zentrum für die Entwicklung der Stadt Almaty“

Der Morgen des vorletzten Tages unserer Sommerschule begann wie gewohnt mit Keksen und Früchtetee. Danach hielt Alima Alipova, Koordinatorin des Logistikzentrums, eine Präsentation über den „mittleren Korridor“ als Handelsroute zwischen Europa und Asien. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ist er eine zentrale Alternative zum „nördlichen Korridor“, der durch Russland führt. Der mittlere Korridor verbindet China über das Kaspische Meer, Aserbaidschan, Georgien und die Türkei mit Europa. Seine Flexibilität macht ihn attraktiv, doch häufige Umladungen und unterschiedliche Infrastrukturstandards, etwa bei Eisenbahnspuren, erschweren effiziente Abläufe. Um hier Fortschritte zu erzielen, haben Kasachstan, Aserbaidschan und Georgien ein Abkommen geschlossen, das digitale Plattformen und abgestimmte Fahrpläne vorsieht. So konnte die Lieferzeit über diese Route bereits deutlich reduziert werden. Nach der Theorie kam die Praxis – wir spielten das Brettspiel Business on the Move. Dabei wurde Logistik von einem abstrakten Schema zu einem lebendigen Prozess, bei dem wir mit Risiken, Verzögerungen und kreativen Lösungen konfrontiert wurden.

Anschließend folgte ein Vortrag des DKU-Präsidenten Wolrad Rommel mit dem Titel „Wo Eurasien beginnt und aufhört: Transnationale Verflechtungen in Zentralasien“. Er verdeutlichte, dass Zentralasien kein einheitliches System ist, sondern als Nexus vielfältiger politischer, kultureller und ökonomischer Verbindungen verstanden werden muss. Die Region ist geographisch wie kulturell äußerst divers: hohe Gebirge, knappe Wasserressourcen und extreme klimatische Bedingungen prägen das Leben und wirken unmittelbar auf Politik und Gesellschaft. Der Klimawandel wird diese Dynamiken künftig weiter verschärfen und macht regionale Kooperation dringlicher denn je.

Herr Rommel skizzierte außerdem die historische Bedeutung von Verkehrswegen – von der alten Seidenstraße bis zu aktuellen Projekten wie dem mittleren Korridor. Nach dem Zerfall der Sowjetunion entstand ein Mosaik von Nationalstaaten, die zwischen Kooperation und Abgrenzung schwanken. Unterschiedliche Sprachen, Religionen und Clanstrukturen prägen zusätzlich das politische und gesellschaftliche Leben.

In der anschließenden Diskussion reflektierten wir unsere Eindrücke. Viele waren beeindruckt von der Dynamik der Region und der Geschwindigkeit des Wandels. Zugleich wurde die Kluft zwischen Wohlstandszentren wie Almaty und den ländlichen Gebieten sichtbar. Mehrere Studierende stellten Überlegungen an, inwiefern Zentralasien mit Europa vergleichbar ist, kamen aber zu dem Schluss, dass die historischen und politischen Unterschiede direkte Vergleiche nur begrenzt sinnvoll machen. Einig waren wir uns, dass die Auseinandersetzung mit Kasachstan und den Themen „Ressourcen und Infrastruktur“ wertvolle neue Perspektiven eröffnet.

Nach dem Mittagessen in einem indischen Restaurant besuchten wir die Stadtverwaltung Almatys und das dort angesiedelte „Zentrum für Stadtentwicklung“. Wir erhielten Einblicke in verschiedene Abteilungen, die konkrete Maßnahmen für eine nachhaltigere Stadt entwickeln. Besonders deutlich wurde das Problem der Luftverschmutzung welches in Almaty in erster Linie durch das hohe Verkehrsaufkommen ausgelöst wird. Zur Lösung dieses Problems sind u. a. Niedrigemissionszonen geplant, die den Autoverkehr eindämmen sollen.

Beeindruckend war auch das Konzept einer polyzentrischen Entwicklung: Statt eines überlasteten Zentrums, sollen verschiedene Stadtteile eigene Schwerpunkte bilden und besondere Knotenpunkte für Bereiche wie etwa Logistik, Industrie oder Kultur werden. Daneben spielt die Digitalisierung eine große Rolle. Almaty soll zu einer „Smart City“ werden, in der Kameras, Sensoren und kostenloses WLAN die Infrastruktur verbessern und städtische Prozesse effizienter machen. Diese Entwicklung wurde, trotz ihrer positiven Aspekte, insbesondere von deutscher Seite auch kritisch betrachtet, da sie ein potenzielles Risiko für die Datensicherheit der Bevölkerung darstellt und ein potenzielles Instrument für Überwachung und Kontrolle bildet.

Der Besuch zeigte uns, wie dynamisch sich Almaty entwickelt und wie intensiv staatliche Stellen daran arbeiten, die Stadt lebenswerter und nachhaltiger zu gestalten. Dieser Einblick in urbane Zukunftsstrategien war ein passender und praxisnaher Abschluss des inhaltlichen Programms unserer Sommerschule.

Gassyrlan Khassanov, Yana Kim, Luisa Flieger