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Guzel Yusupova | Ethnic Diversity in the Russian Federation: A Value or a Threat to the Regime?

20.11.2024 | 14:15 - 15:45
Grundlagenvorlesung WiSe 24/25

Grundlagenvorlesung WiSe 24/25

Speaker: Guzel Yusupova

Titel: Ethnic Diversity in the Russian Federation: avalue or a threat to the regime?

Abstract

The Russian Federation came into existence as a multinational federation celebrating diversity in various forms. However, under Vladimir Putin’s leadership, ethnically diverse Russia has gradually transformed into a nationalizing, assimilationist state built around an ideology that emphasizes the culture of the dominant ethnic group. Rather than building on the rich experience and advantages of the Soviet nationalities policy and the federalization trends of the 1990s, Putin’s approach to diversity management has increasingly led Russia toward homogenization, the highlighting of its core ethnicity, and the creation of institutional incentives for xenophobia and racism. This outcome stems from Putin’s perception of diversity not as a value but as a threat. This presentation examines the issues of diversity in the Russian Federation during Putin’s tenure. Firstly the author will outline the main trends in ethnic and migration politics and will provide a brief overview of the policies and discourses that define authoritarian diversity management. Guzel Yusupova will describe how the Putin regime dismantled federative relations to transform a once viable multiculturalism into a culturally unified nation. Finally, she will touch upon the impact of Russia’s war against Ukraine and related decolonization discourses on Russia’s internal diversity issues.

Zeit: 14:15 - 15:45 Uhr

Ort: Osteuropa-Institut, Hörsaal A, Garystraße 55, 14195 Berlin

Das vollständige Programm der Grundlagenvorlesung finden Sie hier.

Einzelne Vorträge werden aufgezeichnet und auf der Website der Mediothek des Osteuropa-Instituts und auf unserem neuen YouTube-Kanal zur Verfügung gestellt.

Über die Grundlagenvorlesung "Osteuropa postkolonial/dekolonial?"

Als sich in den 1960er-1970er Jahren die Postcolonial Studies als Paradigma herauszubilden begannen, lag der Fokus der Forschung vor allem darauf, die Konsequenzen kolonialer Herrschaft in Afrika sowie im Mittleren und Fernen Osten aufzuarbeiten. Spätestens seit den 2000er Jahren aber, mit der Intensivierung der Erforschung der Global- und Imperialgeschichte, ist auch Osteuropa zunehmend in den Blick der Postcolonial Studies gerückt. In der Folge kam es zu einer grundlegenden Neuperspektivierungen der Ost-West-Beziehungen, durch die Osteuropa unter anderem als Projektionsfläche für westliche „Erfindungen“ (Larry Wolff) erschien, und es verstärkte sich die kritische Revision der geopolitischen Agenden derjenigen Imperien, die im osteuropäischen Raum und an seinen Grenzen wirksam waren und sind.

Mit dem 24. Februar 2022 hat sich diese Situation noch einmal verändert. Nun steht nicht mehr ‚nur‘ die Frage einer postkolonialen Erforschung Osteuropas zur Debatte – die Dekolonialisierung der Osteuropastudien selbst ist auf die Tagesordnung gesetzt worden. Dass, so wird argumentiert, in der Russischen Föderation neoimperiale Ambitionen erstarken konnten und nicht zuletzt nach der Annexion der Krim 2014 auch zum Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine führten, habe auch mit einer symptomatischen Position der Osteuropastudien zu tun, die in ihrem Russozentrismus über viele Jahrzehnte die politischen Hegemonieansprüche der Russischen Föderation akademisch gestützt hätten.

Vor dem Hintergrund dieser Diagnose lädt die Grundlagenvorlesung Vertreter:innen unterschiedlicher Disziplinen ein, darüber nachzudenken, was „Osteuropa postkolonial/dekolonial“ heißen kann. Welche blinden Flecken des Forschungsfeldes Osteuropa geraten hier in den Blick? Welche alternativen Geschichtsschreibungen eröffnen sich aus einer postkolonialen Perspektive? Welche Perspektiven auf Osteuropa bietet die postkoloniale/dekoloniale Forschung? Zur Diskussion steht aber auch die grundsätzliche Frage, was postkoloniale Perspektiven in der wissenschaftlichen Analyse leisten können und wie weit der Konzepttransfer vom globalen Süden auf klassische Imperien in Europa sowie auf die Sowjetunion oder gar den Ostblock trägt. Dabei gehen die wissenschaftlichen Perspektiven weit auseinander: Während Postcolonial Studies vor allem in den Geisteswissenschaften zum Kerninventar der methodischen Ansätze zählen und als unverzichtbar für eine präzise Analyse asymmetrischer globaler Machtstrukturen gelten, werden sie von den Teilen der Sozialwissenschaften oft sehr kritisch betrachtet. In den quantitativen Sozialwissenschaften lässt sich gegenwärtig eine verstärkte Auseinandersetzung mit der Untersuchung von Phänomenen beobachten, die mit dem Begriff „Legacy” bezeichnet werden. In diesem Kontext wird beispielsweise den langfristigen Folgen sowjetischer Institutionen und Politiken in den Ländern Ost- und Mitteleuropas auf gegenwärtige wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklungen nachgegangen. Gleichzeitig spielt die imperiale Legacy-Forschung mit einem Fokus auf den langfristigen Einfluss der großen europäischen Imperien des 18. und 19. Jahrhunderts eine wachsende Rolle, die im Zeithorizont deutlich über das Erbe der Sowjetunion hinausgeht. Darüber hinaus hat sich in vielen Fächern die Dezentrierung der Forschungsperspektiven vom “Westen” und der westlich-europäischen Moderne verstärkt.

Ziel der Grundlagenvorlesung ist die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen von Post- und Dekolonialisierungsperspektiven konzeptionell und empirisch zu beleuchten, um ihre Leistungsfähigkeit mit Bezug auf Osteuropa zu eruieren.

Zeit & Ort

20.11.2024 | 14:15 - 15:45

Osteuropa-Institut
Hörsaal A
Garystraße 55
14195 Berlin