"Poesie zu ukrainischen Frauen im Krieg" ein Projekt von Melike Ertürk
25.01.2023
Können Gedichte auch Zeugnisse sein? Ja, das können Sie. Wir kennen bereits viele Dichter*innen wie beispielsweise Paul Celan, die in ihren Gedichten Kriegstraumata, Kriegsverbrechen, den Krieg als solches thematisieren und somit selbst ein Zeuge werden. Wenn wir Stimmen festhalten können von Frauen im Ukraine-Krieg, dann sammeln wir zahlreiche Zeugnisse für zukünftige Generationen. Meine „Gedichtsfäden“ entspringen aus Interviews, Tagebucheinträgen sowie Chat-Nachrichten von Frauen, die den Krieg selbst erlebt haben, vor ihm geflohen sind oder ehemalige Migrantinnen, die auf den Krieg reagieren. Diese Mehrstimmigkeit in meinen Gedichten verbindet diese Frauen gleichermaßen miteinander und macht sie zu Kriegsverbündete. Ich gebe meine Stimme als Europäerin hinzu, die seit dem Beginn des Krieges massenhaft durch Medien an diesem Krieg indirekt teilhat, und versuche die Geschehnisse auf diese Weise zu verarbeiten. In meinen Gedichten thematisiere ich die Gewalttaten, wirklich grausame Taten und Straftaten nicht, weil es mir zu nahe geht. Das bedeutet aber nicht, dass Frauen von diesen Taten nicht betroffen sind, im Gegenteil sind sie es. Ich möchte gleichzeitig den Frauen, die unter diesem Krieg leiden eine Stimme geben und meine Solidarität ihnen gegenüber durch meine Stimme zeigen. In meinen Gedichten findet man Fäden von Aussagen der besagten Ukrainerinnen. Diese sind zum Teil Frauen aus dem Intellektuellenzirkel, beispielsweise Autorinnen, Literaturwissenschaftlerinnen usw., aber auch Frauen, die nicht diesem Kreis angehören und trotzdem von ihrem Alltag berichten. Könnt ihr in meinen Gedichten ihre Stimmen heraushören?