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Spannungsfeld Glaube/Religion und Staat

Vor dem Umbruch besitzen Glaube und Religion einen ideologisch determinierten Platz im sozialistischen Staat. Staatsparteien und Religionsgemeinschaften, Politik und Religion stehen zueinander in Konkurrenz in einem unitären System, das dem Primat des Staates unterliegt. In den 1950er und 1960er Jahren werden Glaubensgemeinschaften und Religionen in allen Ländern des Warschauer Pakts staatlich unterdrückt. In Albanien ergeht 1968 ein Gesetz, das die Religionsausübung gänzlich verbietet. Glauben und religiöse Praxis existieren fort, sind aber öffentlich kaum sichtbar. Staaten beeinflussen mit dem Instrument der Religionspolitik den Status von Glaube und Religion, während Glaube und Religion ihrerseits kaum einen Einfluss auf den Staat ausüben. Die Repressionen lassen indes seit den 1970er Jahren in den meisten Staaten nach. In Polen ist spätestens mit dem Amtsantritt des polnischen Papstes 1978 die Religion nicht mehr wegzudenken.

Die Beziehung zwischen Religion und Staat wandelt sich mit dem Ende des Staatssozialismus. Heute lautet die Losung für den Staat: „Religion matters.“ Plätze, Rollen und Beziehungen zwischen Religionen und Staat werden neu definiert, neu institutionalisiert. Komplexer wird der Prozess der individuellen, ethnischen und nationalen Identitätsbildung durch die Vielzahl an Glaubensbekenntnissen und Denominationen. Die Beziehung zwischen Religion und Politik umfasst somit weitaus mehr Varianzen als die auf einem gedachten Kontinuum von Trennung bis hin zur Durchdringung, zwischen säkularem und religiösem Staat. Die Binnenvarianzen beinhalten verschiedene Formen von Berührung und Verschränkung, die teilweise durch weitere gesellschaftliche Einflüsse (z.B. Legacies aus der sozialistischen Ära, Nationalismus) überformt sind.

Welche Beziehungen bilden sich zwischen Glaube/Religion und Staat in osteuropäischen Ländern heraus? Welche politischen und/oder sozialen Herausforderungen ergeben sich daraus und wie lassen sich diese lösen?