Juli 2020
Юрьев день / Jur´ev den´ von Kirill Serebrennikow, 2008
Юрьев день
Russland/Deutschland, 2008 (135 Min)
Regie: Кирилл Серебренников / Kirill Serebrennikow
Genre: Drama
Sprachfassung: Russisch, ohne Untertitel
Link zum Stream: https://www.youtube.com/watch?v=ZX28wet26sU
Inhalt: Die berühmte Opernsängerin, Ljuba (Ksenija Rappoport), führt vor ihrer Auswanderung nach Deutschland ihren Sohn, Andrjuša (Roman Šmakow), in die russische Provinz. Sie möchte von der Kleinstadt, mit der sie in ihrem frühen Leben verbunden war, Abschied nehmen. Während des Besuchs des örtlichen Klosters (gedreht wurde der Film in der Kleinstadt des sog. Goldenen Ringes, Jur’ev-Pol’skij und im Michailo-Archangel'skij Monastyr’/Михайло-Архангельский монастырь) verschwindet der Sohn ohne jegliche Spur. Die vermeintliche Suche nach dem verlorenen Jungen mündet in die Selbstfindung der Hauptfigur und die Stadt ihrer Kindheit wird dabei immer mehr zum Bermudadreieck ohne den Weg heraus.
Über den Regisseur: Der russische Film- und Theaterregisseur Kirill Serebrennikow ist einer der bekanntesten Figuren der gegenwärtigen Kinematografie. Mit seinen Spielfilmen und Theaterinszenierungen feiert er große Erfolge im In- und Ausland. Durch seine Kritik des politischen Systems des Landes wird er stets zur Zielscheibe der staatlichen Repressionen. Seit Sommer 2017 befindet sich Serebrennikow ununterbrochen im Hausarrest. Am 26. Juni 2020 wurde er erneut wegen angeblicher Unterschlagung öffentlicher Gelder schuldig gesprochen und zu einer weiteren Bewährungsstrafe verurteilt. Der sechsjährigen Lagerhaft ist er nun knapp davongekommen. Nichtsdestotrotz gelingt es ihm, das berühmte freie Theater Gogol-Center in Moskau weiterhin zu leiten und u. a. auch im Ausland neue Stücke zu inszenieren – wie zuletzt das Theaterstück „Decamerone“ gemeinsam mit dem russischen und deutschen Ensemble im Deutschen Theater in Berlin.
Mehr zum Stück:
Link: https://www.deutschestheater.de/programm/a-z/decamerone-boccaccio/
„Das verräterische Herz“ – Eine Rezension von Kerstin Holm in der FAZ (11.03.2020):
Im Sommer 2021 soll sein neuer Film „Петровы в гриппе/Petrovy v Grippe“ in die Kinos kommen. Der Film wurde nach dem gleichnamigen Roman des russischen Autors Alekseij Sal’nikov gedreht. Der Filmtrailer wurde vor kurzem der Öffentlichkeit vorgestellt:
Link zum Teaser: https://www.youtube.com/watch?v=yVgZ81PTF2E
Filmografie:
1998 — Раздетые / Razdetye
2001 — Ростов-папа (сериал) / Rostov - papa
2002 — Дневник убийцы (сериал) / Dnevnik ubijcy
2003 — Постельные сцены / Postel´nye sceny
2004 — Рагин / Ragin
2006 — Изображая жертву / Izobražaja žertvu
2008 — Юрьев день / Jur´ev den´
2009 — Короткое замыкание (фрагмент «Поцелуй креветки») / Korotkoe zamykanie
2012 — Измена / Izmena
2016 — Ученик / Učenik
2016 — Фонограф (к/м) / Fonograf
2018 — Лето / Leto
2018 — После Лета (документальный) / Posle leta
2020 — Петровы в гриппе / Petrovy v grippe
Weitere Informationen zum Regisseur und zur Rezeption des Filmes:
Der Spielfilm „Jur’ev den’“ (das Drehbuch: Jurij Arabov / die Kameraarbeit: Oleg Lukičev) von Kirill Serebrennikow wurde nach der Premiere 2008 im russischsprachigen Raum von den konservativen und rechten Gruppen sehr kritisch aufgenommen, wenn der liberale Teil der Gesellschaft den Film zugleich groß feierte. Als Preisträger von diversen Filmpreisen (u. a. auch für die Haupdarstellerin Ksenija Rappoport: Kinotavr für „Beste Hauptdarstellerin“, 2008) wie der Grand Prix des Internationalen Filmfestivals in Warschau und die Preise des Locarno Filmfestivals 2008 spaltete der Film die russischsprachige Gesellschaft in zwei Lager: die einen wurden von der Hoffnungslosigkeit der russischen Provinz „schockiert“, die im Film in aller Deutlichkeit gezeigt wird, wenn die anderen den Film für seinen realistischen und kritischen Blick auf Russland lobten.
- Der Artikel von Alexander Baunov zum jüngsten Prozess gegen Kirill Serebrennikow:
Silencing Dissent: Russian Culture on Trial (10.07.2020)
„The Serebrennikov case reveals a split within the Russian elite, and Putin’s refusal to back one side or the other. One part of it wants to re-Sovietize culture and punish artists who do not fit with their conservative agenda, while others continue to value artistic freedom.“
Quelle: https://carnegie.ru/commentary/82269
- Die Letzten Worte des Regisseurs vor der Entscheidung des Gerichts:
«Ни о чем не жалею. Сочувствую вам»: Последнее слово Кирилла Серебренникова в суде по делу «Седьмой студии»
Link: https://novayagazeta.ru/articles/2020/06/23/85964-ni-o-chem-ne-zhaleyu-sochuvstvuyu-vam
- Die Fernsehensendung Zakrytyj pokaz (2008) von Alexander Gordon zum Film Jur’iev den’ u. a. in Anwesenheit der Filmcrew:
Link: https://www.youtube.com/watch?v=GB8xkbyzVmE
- Interwiev mit dem Regisseur (16.12.2008):
Кирилл Серебренников: «Я не хочу больше говорить о России!»
Link: http://os.colta.ru/cinema/names/details/6464//page2/
- Rezension: Irina Ljubarskaja „Mechanika sud’by“ (2008, isskustvo kino, Nr.8. August)
Link: https://old.kinoart.ru/archive/2008/08/n8-article12
- Irina Čaikovskaja: „Независимый наблюдатель: Кирилл Серебренников“ (06.08.2016)
- Gesammelte Texte über die künstlerische Tätigkeit von Kirill Serebrennikow:
Link: https://chapaev.media/faces/278
Wissenschaftliche Publikationen und Interviews:
Dusty Wilmes (2014, Studies in Russian and Soviet Cinema):
„National identity (de)construction in recent independent cinema: Kirill Serebrennikov’s Yuri’s Day and Sergei Loznitsa’s My Joy“
Elena Moreland (University of Colorado at Boulder, ProQuest Dissertations Publishing, 2018): „Totalitarianism of Religion: Kirill Serebrennikov's The Student (2016) & Russia's Right Turn“
Vlad Strukov (2016, Edinburgh University Press):
„Contemporary Russian Cinema: Symbols of a New Era“ / Buchkapitel: „The World and the Event: Kirill Serebrennikov’s St George’s Day (2008)“
Polina Vasil'eva (Iskusstvo Kino, Mar 2003, Issue 3, pp.19-24.):
Interview: „Zdes' i teper': Kirill Serebrennikov: ‚Zritel' chochet smotret' kino pro svoju stranu’“
Elena Kutlovskaia; Kirill Serebrennikov (Iskusstvo Kino, May 2000, Issue 5, pp.132-135.): Interview: „Radikal iz Provintsii“ (Link: http://old.kinoart.ru/archive/2000/05/n5-article26)
J. A. E. Curtis (ed, Bloomsbury Academic 2020):
„New Drama in Russian Performance, Politics and Protest in Russia, Ukraine and Belarus“