Grete Rebstock

Die Erinnerungen ehemaliger NS-Zwangsarbeiter_innen aus der Sowjetunion (im Erscheinen)
2021 | Abschluss der Promotion im Fach Neuere Geschichte an der Freien Universität Berlin. Promotionsthema: “Die Erinnerungen ehemaliger NS-Zwangsarbeiter_innen aus der Sowjetunion” (gefördert vom Evangelischen Studienwerk) |
2010–2012 |
Freie Mitarbeit im Online-Archiv „Zwangsarbeit 1939 – 1945. Erinnerungen und Geschichte“ |
2011 | Leitung des Seminars „Deutsche Erinnerungsorte“ für den DAAD in Taschkent |
2005–2006 | Auslandsstudienjahr an der Staatlichen Universität St. Petersburg, Russland |
2002–2010 | Magister-Studium Osteuropastudien und Ethnologie an der Freien Universität Berlin |
Geboren am 22.12.1980 in Tübingen |
Abgeschlossenes Dissertationsprojekt (im Erscheinen): Die Erinnerungen ehemaliger NS-Zwangsarbeiter_innen aus der Sowjetunion
Abstract:
Die ehemaligen NS-Zwangsarbeiter_innen aus der Sowjetunion waren lange Zeit eine vernachlässigte Opfergruppe im internationalen Erinnerungsdiskurs über den Zweiten Weltkrieg. In Deutschland brachte ihnen erst die in den 1980er-Jahren einsetzende Entschädigungsdebatte Aufmerksamkeit. In der Sowjetunion fanden sie ebenfalls spät Gehör. Perestrojka und Glasnost’ bewirkten einen Erinnerungsboom, in dessen Fahrwasser sich die ehemaligen Zwangsarbeiter_innen erstmals zu Wort meldeten. Denn die „Ostarbeitery“ galten in der Sowjetunion weitläufig als potenzielle Verräter_innen. Daher wurde die Zwangsarbeit oft als ein Schandfleck auf dem Lebenslauf wahrgenommen und so weit als möglich vor den Behörden und im sozialen Umfeld – sogar innerhalb der Familie – verschwiegen.
Anhand einer qualitativen Analyse aller 56 aus Russland stammenden Interviews der Teilsammlung des Online-Archivs www.zwangsarbeit-archiv.de, die weltweit größte Sammlung von lebensgeschichtlichen Interviews mit ehemaligen NS-Zwangsarbeiter_innen, werden die historischen, sozialen und kulturellen Spezifika der Erinnerungen dieser Gruppe diskutiert. Was die Gewalterfahrung in den vorliegenden Autobiografien anbelangt, kann von einer doppelten Traumatisierung durch Gewalt gesprochen werden. Einerseits ist die direkte Erfahrung von physischer und psychischer Gewalt gemeint. Andererseits spielt diskursiv verhandelte, strukturelle Gewalt eine Rolle: Hier sei auf die rassenideologisch motivierte Verfolgung unter der NS-Herrschaft und die anschließende Diskriminierung in der Sowjetunion hingewiesen.
Die Arbeit widmet sich der zentralen Frage, wie sich das Leben dieser Menschen als „Stigmatisierte“ nach ihrer Rückkehr entwickelte und wie sich dieses Stigma auf die Art auswirkte, wie sie 60 Jahre später ihr Leben erzählten. Es geht darum, die Interviews als biografische Sinnkonstruktionen im Kontext der (post-)sowjetischen Erinnerungskultur zu interpretieren.
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Grete Rebstock: Ein Leben und keine Worte. Erinnerungen ehemaliger NS-Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion. In: Gehmacher, Johanna; Löffler, Klara (Hg.): Storylines and Blackboxes. Autobiografie und Zeugenschaft in der Nachgeschichte von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg. Wien: new academic press, 2017, S. 47-62.
- Grete Rebstock: Emotionen und Diskurse. Überlegungen zu den Erinnerungen ehemaliger NS-Zwangsarbeiter_innen aus der Sowjetunion. In: Alina Bothe, Isabel Christina Brüning (Hg.): Geschlecht und Erinnerung im digitalen Zeitalter. Neue Perspektiven auf ZeitzeugInnenarchive, Berlin: LIT Verlag 2015, S. 157-178.
- Grete Rebstock: Zagovorit' k koncu žizni: russkojazyčnye svidetel’stva iz onlajn-archiva „Prinuditel’nyj trud 1939-1945. Vospomoninanija i istorija“. In: NIC "Memorial" (SPB) (Hg.): Pravo na imja. Biografika XX veka. Sankt Peterburg 20-22 aprelja 2014, St. Petersburg: NIC "Memorial" 2015, S. 138-145. Link