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Rezension 24

Rezension Nummer 24 vom 24.01.2005

 

Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, hrsg. von Edgar Hösch, Karl Nehring und Holm Sundhaussen. Wien, Köln, Weimar (Böhlau UTB) 2004, 770 S.; Euro 34,90.-; ISBN 3-8252-8270-8

 

Rezensiert von: Jovica Lukovic (Berlin)

 

Sucht die Expertin/der Experte ihr/sein Wissen über Südosteuropa zu vertiefen, möchte die interessierte Zeitgenossin ihre oder der interessierte Zeitgenosse seine Südosteuropakenntnisse über die bloße mediale Information hinaus ergänzen, dann stehen ihnen erst einige wenige Nachschlagewerke neueren Datums zur Verfügung.1) Was bislang fehlte, war vor allem ein Lexikon, das verschiedene Sachgebiete, Ereignisse und Phänomene stichwortartig an einem Ort versammelt. Um dieses Desiderat zu beheben, hat das Südost-Institut in München über 60 Historiker für die Mitarbeit am „Lexikon zur Geschichte Südosteuropas“ gewonnen. Die Lücke war offensichtlich so groß, dass daraus ein opulentes Werk – 770 Seiten mit knapp 550 Einträgen – entstanden ist; und das, obwohl Personen nicht berücksichtigt sind: Das Lexikon wurde als Fortsetzung des vierbändigen „Biographischen Lexikons zur Geschichte Südosteuropas“ konzipiert.

Gewicht und Umfang verdankt das Lexikon in erster Linie einem breit gefassten Begriff von Südosteuropa. Er ist in der Forschung alles andere als unumstritten, was schon bei der Bestimmung seiner territorialen Ausdehnung beginnt. Im gleichnamigen Eintrag (S. 663-666) wird zunächst die geographische Verortung Südosteuropas versucht. Während die Balkanhalbinsel dessen südliche und das Karpatenbecken mit der Dnjestr-Linie die östliche Grenze markieren, bleibt diese an der Nordwestseite jedoch stets offen. Man hat sich letztendlich auf das folgende Territorium festgelegt: „1. die Slowakei, 2. Ungarn, 3. die Nachfolgestaaten des eh. Jugoslawien (mit Ausnahme Sloweniens), 4. Albanien, 5. Griechenland, 6. Bulgarien, 7. die europ. Türkei, 8. Rumänien und 9. die Republik Moldau“ (S. 663). Allerdings entsteht hier der Eindruck, dass diese geographische Definition stark von der aktuellen politischen Karte inspiriert ist.

Sind neben den geographischen also auch andere Kriterien denkbar? Südosteuropa wird als stets verkehrsoffener Raum charakterisiert. Die permanenten Migrationen zwischen Mitteleuropa und Vorderasien – im Eintrag „Migrationen“ ist die Rede von der früheren Pull- und heutigen Push-Region (S. 437) – führten zu vielfältigen Schichtungen über die jeweils geltenden politischen Grenzen hinaus. So entstanden denn auch verschiedene sprachliche, ethnische oder konfessionelle, kurz: kulturelle Räume. Im Beitrag „kulturgeographische Zonen“ wird zwar vermieden, sich auf eine kulturgeschichtliche bzw. volkskundliche Definition von Südosteuropa festzulegen; aber der dort dargestellte Überblick über solche Klassifizierungsversuche macht einmal mehr das Prekäre eines solchen Unterfangens deutlich: Mancher Autor zählt bis zu 14 Zonen auf. Dennoch scheint sich im Augenblick die Vorstellung von vier kulturellen Zonen in Südosteuropa durchzusetzen: die durch die osmanische Herrschaft konservierte byzantinisch-orthodoxe Kultur des Balkanraums, der mitteleuropäisch geprägte ostalpine sowie der pannonische Kulturraum und die adriatische Kulturzone (S. 664). Somit wird nun der südosteuropäische Raum durch Slowenien und Zypern komplettiert. Der Eintrag „Volkskultur“ möchte hingegen Südosteuropa nur auf den osmanischen Einflussbereich beschränkt sehen, wobei die Grenze eine streng konfessionelle ist.

Seinen Umfang verdankt das Lexikon außerdem dem weitgefassten Zeitraum der südosteuropäischen Geschichte. „Südosteuropa“ bzw. „Balkan“ sind zwar Bezeichnungen jüngeren Datums – und als Erfindungen des Westens zunächst Fremdbezeichnungen; die wirksamen Traditionen lassen sich aber bis in die Spätantike zurückverfolgen. Im Eintrag „Epochen“ wird allerdings für eine den „Besonderheiten des Geschichtsverlaufes“ (S. 217) adäquate Periodisierung plädiert, die von dem westeuropäischen Muster – Altertum, Mittelalter, Neuzeit – abweichen soll. Deren Stationen wären dann die slawische und ungarische Landnahme und Ethnogenese, Christianisierung, byzantinische Vorherrschaft, osmanische Eroberung, nationale Wiedergeburt, die Nationalstaatsgründungen und der gescheiterte Parlamentarismus, die kommunistische Herrschaft und die aktuellen gesellschaftlichen Transformationen. Zwar werden im Lexikon diese Epochen thematisch berücksichtigt; argumentativ und semantisch hält man an der üblichen Epochengliederung aber nach wie vor fest.

Es wird also ein Südosteuropa impliziert, dessen Grenzen nach außen stets fließend bleiben und das in seinem Inneren keineswegs homogen, sondern vielmehr von vielfachen sprachlichen, konfessionellen, ethnischen Grenzen durchzogen ist. Da somit eine Definition geradezu unmöglich scheint, ist Südosteuropa nicht inhaltlich, sondern formal als Arbeitsbegriff zu betrachten, der „entsprechend dem jeweiligen Untersuchungsgegenstand und -zeitraum zu modifizieren ist“ (S. 663). Dieser Ansatz leuchtet aus mindestens zwei Gründen ein: Methodologisch ist er flexibel genug, um verschiedene Kriterien oder Bündel an Kriterien einzusetzen und sie miteinander zu vergleichen; dadurch wird die Gefahr monokausaler Erklärungen gebannt. Thematisch ermöglicht er es, auch jene Staaten und Kulturen heranzuziehen, die nicht zu Südosteuropa zählen, deren Einfluss darauf aber unbestritten ist, wie z.B. Russland oder Deutschland.

Die Herausgeber haben Südosteuropa territorial als ein breites Feld angelegt und zeitlich in einen weiten Rahmen gespannt. Damit nehmen sie die heroische Aufgabe auf sich, Interessierte aus disparaten Forschungsgebieten – Byzantinisten und Osmanisten, Forscher der k.u.k. Monarchie, des Nationalismus oder des Kommunismus – bedienen zu wollen. Gleichzeitig müssen sie dem Anspruch genügen, einerseits den einzelnen historischen Erscheinungen in dem bekannten „Flickenteppich Südosteuropa“ unverwechselbare Konturen zu geben, andererseits aus dieser Vielfalt das „Verbindende und Besondere Südosteuropas als historischer Region“ (S. 665) zu formulieren. Der drohenden Abnutzung der Begriffe durch deren „oberflächliche Verwendung ... im Alltagsleben“, vor der im Eintrag „Patriarchalismus“ (S. 537) gewarnt wird, ist nur dann beizukommen, wenn Ereignisse und Phänomene in ihrem jeweiligen historischen Zusammenhang thematisiert und interpretiert werden.

 

Die Epoche der byzantinischen Herrschaft in Südosteuropa, die im mittleren und südlichen Teil des Balkans über ein Jahrtausend währte, wird im Lexikon relativ knapp abgehandelt. Im gleichnamigen Eintrag wird Byzanz primär im Lichte seiner Herrschaftsstruktur dargestellt. Ist man hier lückenlos mit der Abfolge von Herrschern bekannt gemacht, kann man durch einzelne Einträge seine Kenntnisse über die bedeutendsten Herrscherdynastien (Kantakuzen, Komnenen, Paläologen) weiter vertiefen. Dieses Bild lässt sich anschließend mit den Artikel über die Struktur und Funktionen einiger höheren Verwaltungsinstanzen komplettieren (Archon, Kolonen, Despoten). Und die Rolle der Kirche? Zeichnet sich Byzanz nicht gerade durch die organische Verflechtung der weltlichen mit der geistlichen Sphäre aus? In dieser Frage folgt der Eintrag den neueren Forschungsergebnissen, welche die These vom Caesaropapismus als unzutreffend ablehnen.

Die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Reich werden nur rudimentär behandelt (Pronoia, Paröken), ebenso seine reiche Kulturtradition. Wand-, Buch- und Ikonenmalerei, Architektur und Bauplastik werden zwar erwähnt, bekommen aber keinen eigenen Platz. Die Darstellung des byzantinischen Reiches fällt also etwas eindimensional aus, jedoch nicht die Epoche seiner Existenz. Denn es ist die Zeit der slawischen und ungarischen „Landnahme“, der Schaffung der ersten slawischen Staatsgebilde – „bulgarisches“ und „serbisches Reich“ –, der Etablierung autochthoner Dynastien wie der „Nemanjiden“, der Entstehung slawischer „Alphabete“ und der „Christianisierung“. Die Erstarkung der selbständigen Balkanstaaten an seinem Rand trug, neben den immanenten Schwächen des Staatsapparats selbst, letztendlich zur Destabilisierung des byzantinischen Reiches bei, ähnlich wie der Ansturm der Osmanen aus dem Osten oder die „Kreuzzüge“ aus dem Westen.

Und wodurch zeichnet sich die erwähnte byzantinisch-orthodoxe Kultur des Balkanraums aus, die in archaischer Form konserviert wurde? Eine klare Antwort gewinnt man dem Lexikon nicht ab. Die Einträge über das „Bulgarische Reich“ und die „Serben“, deuten auf einige Elemente hin: der Aufbau des Hofstaates, der Verwaltungsstrukturen, die Rechtsordnung gehen auf byzantinische Vorbilder zurück.

 

Die imperiale Stellung von Byzanz im südosteuropäischen Raum ist seit dem 14. Jh. in mehreren Eroberungswellen schrittweise auf das Osmanische Reich übergegangen. Diesem wird im Lexikon nun viel Platz eingeräumt, was nicht allein wegen der Herrschaftsdauer plausibel scheint – zwischen je nach Region zwei und fünf Jahrhunderten –, sondern genauso wegen des nachdrücklichen Einflusses, den die Osmanen auf diese Region ausübten. Es wird ein durchaus komplexes Bild gezeichnet, das sich nicht auf die territorialen und militärischen Verwaltungsstrukturen und Ämter (Eyalet, Nahiye, Sancak, (Groß-)Wesir, Paşa, Paschaluk, Beylerbeyi, Hatişerif u.ä.) beschränkt; auch das Rechtssystem (z.B. Kadi, Defter oder Firman), Religion und Wissenschaft (Ilmyie, Imam, Ulema, Medrese u.a.), die soziale Schichtung der osmanischen Gesellschaft (Reaya, Bauer) oder die wirtschaftliche Ordnung (Çiftlik, Spahi, Timar, Mülk, Miri, Vakuf u.a.) werden ausführlich behandelt.

Die osmanische Herrschaft in Südosteuropa wird, Gilles Veinsteins Modell folgend, in drei Teilräume strukturiert. Hatten sich die rumänischen Länder im Norden einen Vasallenstatus erkämpft, konnten sich Stämme südlich der Donau-Save-Linie v.a. in Montenegro oder Nord-Albanien dem Zugriff der Osmanen weitestgehend entziehen (Stamm, Stammesgesellschaft); oder man handelte für sich eine Sonderrolle aus wie die Kaufmannsrepublik Dubrovnik/Ragusa. Hingegen gerieten Bulgarien und Makedonien unter direkte Verwaltung des Sultans (S. 501).

Welche Auswirkung hatten diese heterogenen, regionalspezifischen osmanischen Herrschaftsformen auf die nicht-osmanischen Untertanen? Weil „Assimilierung und Nivellierung bzw. gar Zwangsislamisierung oder -türkisierung“ (S. 500) nicht nachzuweisen sind, wird die These vom „türkischen Joch“ implizit fallen gelassen; explizit ist die Rede vom „osmanischen ‚System’“ im Sinne von „Inkorporierung und Modifizierung der vorgefundenen Verhältnisse und Strukturen“ (S. 501f). Unklar ist dabei jedoch, worin dieses „System“ genau bestand: in der klugen Staatsraison, den vorgefundenen Strukturen gewisse Freiräume zu lassen, oder in der Ohnmacht der osmanischen Verwaltung, diese Gebiete unter Kontrolle zu bringen.

Eine Teilantwort ist im Eintrag über „Millet“ zu finden, in dem mit dem bisherigen Verständnis vom Milletsystem aufgeräumt wird: Die Interpretation, die Pforte habe mit ihren Untertanen nicht individuell, sondern nur wie mit Kollektiven über ihre Ethnarchen verkehrt, sei in der Sache richtig, jedoch unhistorisch; jedenfalls sei dies bis in das 19. Jahrhundert hinein nicht nachzuweisen. So lässt sich die These von Benjamin Braude, „ein allgemeines administratives System zur Integrierung der osmanischen Nichtmuslime in den Verwaltungs- und Staatsapparat hat es ebenso wenig gegeben wie diesbezügliche Verwaltungsstrukturen oder Verwaltungseinrichtungen“ (S. 442) zumindest als Hinweis darauf werten, dass das Osmanische Reich die zu dieser Zeit in Europa praktizierten „policeylichen Techniken“ der Bevölkerungserfassung und -kontrolle nicht kannte.

Auch im wirtschaftlichen Bereich bietet das Lexikon ein differenziertes Bild, indem es auf die Pluralität der Eigentumsverhältnisse hinweist; neben der Eigentumsform des Staats- bzw. Sultanslands (Miri) werden Formen des Privateigentums (Mülk) oder die Frommen Stiftungen (Vakuf) genannt. Auch eine gewisse Dynamik räumt das Lexikon der osmanischen Wirtschaft ein, indem es den Übergang von den Timar-Beziehungen zum Çiftlik-System hervorhebt. Die wirtschaftliche Lage der nichtmuslimischen Bevölkerung lässt sich nur in den regionalspezifischen Ausprägungen zu verstehen. So heißt es z.B. im Falle der bäuerlichen Untertanen, von einem „einheitlichen Bauerntum kann keine Rede sein“ („Bauern/frühe Neuzeit“, S. 94). Dennoch haben die Bauern im Reich eines gemeinsam: Sie kannten die Erfahrung der Leibeigenschaft nicht; sie waren zwar mannigfaltigen Steuern (Kopfsteuer) und Abgabenlasten (Knabenlese) ausgesetzt, einem Militär- und Robotdienst bzw. der Schollenpflicht waren sie aber nicht unterworfen – obwohl die Bewertungen über letztere in den Einträgen „Bauern/frühe Neuzeit“ (S. 95), „Bauernbefreiung“ (S. 102) und „Reaya“ (S. 558) bzw. „Kmeten“ (S. 358f) auseinandergehen. „Rechtlich gesehen [waren die Bauern] freie Menschen“ (S. 95). Hinsichtlich der fehlenden Lehnverhältnisse stellt sich die Frage nach dem feudalen Charakter des Osmanischen Reiches. Sie wird – im Unterschied zu den Einträgen über Feudalismus in Byzanz bzw. Ungarn – für das Osmanische Reich leider nicht explizit gestellt.

Der nichtosmanischen Bevölkerung wurden nur beschränkte Rechte eingeräumt (Reaya), ihnen vielmehr ihre traditionellen Rechtsinstitutionen und -formen gelassen (Kanun, Kanuni i Leke Dukagjinit). An eine Entfaltung emanzipatorischer Kräfte war dabei also nicht zu denken. Vielmehr erhielten sich die autochthonen Strukturen aufrecht, darunter vor allem die Führungsschichten von „Bojaren“, „Knezen“ und Dorfoberen (Starešin, primikür, kocabaşı). Durch die Islamisierung und das Timar-System wurde es den alten autochthonen Oberschichten möglich, sich in die osmanischen Herrschaftsstrukturen einzugliedern und ihren Status aus der vorosmanischen Zeit zu behalten (Adel/Balkan, Phanarioten); sie waren jedoch nicht stark genug, denn nach der nationalen Befreiung kamen sie ohne die Unterstützung europäischer Königshäuser nicht aus (Wittelsbacher, Hohenzollern-Sigmaringen). Genauso wenig konnte sich ein nennenswertes Bürgertum, sei es als Besitz-, sei es als Bildungsbürgertum, entfalten (Bürgertum/Balkan).

Nimmt man zu diesen Bereichen noch die Familienstrukturen (Patriarchalismus) hinzu sowie das religiöse Leben und die Lage der christlichen Kirchen (Orthodoxie, Katholizismus), dann überwiegt der Eindruck, die Herrschaftsform des Osmanischen Reichs auf dem Balkan habe auf der Symbiose paralleler Strukturen basiert. Wird damit vielleicht einer allzu harmonischen, konfliktarmen Osmanischen Herrschaft das Wort geredet? Zwar fehlt es nicht an Einträgen über Schlachten, Eroberungen und Friedensbeschlüsse aus dieser Zeit; man vermisst aber den Hinweis auf innere Spannungen im Reich, vor allem wirtschaftliche und soziale. Der Eintrag über die „Tanzimat“-Reform geht auf diese Frage nicht ein. Ein konkretes Bild der Lebensverhältnisse will sich einfach nicht einstellen. Und wenn, dann ist es ein eher statisches. Warum ist das Osmanische Reich eigentlich untergegangen? Nur infolge der „Orientalischen Frage“? Weder die „Bauernaufstände (frühe Neuzeit)“ noch die Aufstände bei den Serben und Griechen („Megali Idea“) werden im Lichte ihrer sozial-ökonomischen Bedingungen interpretiert. Kann man das Brigantenwesen, „Klephten“ und „Hajduken“, außerhalb diesen Zusammenhangs verstehen bzw. kann man es tatsächlich mit dem Freibeutertum gleichsetzen?

Wer sich bei diesen Fragen Abhilfe von dem Eintrag etwa über „Patriarchalismus“ verspricht, wird enttäuscht. Nicht weil dieser widersprüchliche Interpretationen über die Rolle der Frau abgibt (der „nicht nur dominierenden, sondern sogar erdrückenden Rolle“ des Mannes steht die „in gesellschaftlichen Kleinsektoren relativ große Bedeutung“ der Frau gegenüber, S. 537, was der Eintrag „Frau, gesellschaftliche Stellung“ leider nicht thematisiert), sondern weil er dabei nicht über die Familienstruktur und Heiratsmuster hinausgeht. Im Grunde ist er mit dem Eintrag über den Familienverband Zadruga, der unter „komplexe Familienformen“ abgehandelt wird, austauschbar. Denn auch dort findet der Leser die differenzierte Typologie familiärer Verwandtschaftsbeziehungen wieder. Nicht allein in dem idealisierten Familienbild, das hier zugrunde gelegt wird, und nicht in der ahistorischen Deutung des Familienbundes liegt das größte Problem, sondern in einem Reduktionismus, der die wirtschaftliche, soziale und politische Bedeutung der Zadruga ignoriert. Denn wenn Čajanovs These von der Bedarfsdeckung als Wirtschaftsprinzip auch für Südosteuropa Gültigkeit hat („Kapitalismus“, S. 337), wie ist sie ohne das Verständnis der spezifischen Arbeitsteilung, Hierarchie usw. unter den Angehörigen des Familienkollektivs zu denken – um nur eine Frage aufzuwerfen? Außerdem entsteht der Eindruck, mit diesem Eintrag sei das Thema „Familie“ im Südosteuropa ausreichend behandelt.

Kurzum, solange man sich in erster Linie auf die Beschreibungen der Strukturen und die Auflistung von Funktionen beschränkt, wird man nicht zu Phänomen wie Staatsmisstrauen und Gesetzesbruch, Clanbildung, Günstlingswirtschaft oder Klientelsystem vordringen können; man wird nicht die Spuren der materiellen Volkskultur, der Sitten und Gebräuche oder habituellen Formen freilegen können. Ohne sie bleibt die „osmanische Kulturzone“ auf dem Balkan stets abstrakt. Was an den Einträgen zur osmanischen Herrschaft deutlich geworden ist, lässt sich vorgreifend, mit einigen Ausnahmen, für das Lexikon insgesamt sagen: Es dominiert die politische Perspektive; den Fluchtpunkt der Interpretationen bilden überwiegend politische Institutionen und Verwaltungsstrukturen. Die Akteure selbst tauchen meistens im Lichte ihrer Rechtsstellung auf. Der Einsatz der historischen Anthropologie ist die Ausnahme, welche die Regel bestätigt.

 

Während der Zeit der osmanischen Herrschaft auf dem Balkan erlangte die Habsburger Monarchie die Vormachtstellung nördlich der Donau-Save-Grenze. Das Entstehungsmuster und die Struktur dieser Herrschaft und insbesondere ihre Wirkung unterschieden sich von der osmanischen, so dass nun Südosteuropa auch im Lexikon thematisch in zwei Teile „zerfiel“. Diesem Umstand wird insofern die Rechnung getragen, als Phänomene wie Bürgertum, Adel, Feudalismus, Freimaurer, Dorf sowie Stadt für den jeweiligen Raum eigenen Platz bekommen.

Die Zeit der Habsburger Herrschaft fällt in die Epoche des sog. konfessionellen bzw. aufgeklärten Absolutismus. Für diesen steht die Herrschaftszeit von Maria-Theresia und insbesondere Josephs II., die mit „mehr regulierenden als revolutionierenden“ Maßnahmen (Bauernbefreiung, S. 101) danach strebten, das Kaiserreich zu modernisieren. Indessen war Südosteuropa Experimentierfeld für staatlich gelenkte Kolonisation – „Süd-Nord-Migration der Südslaven und die West-Ost-Wanderung der Deutschen“ (S. 362). Damit verfolgte man neben den wirtschaftlichen auch militärische Ziele, so dass als Schutzwall die Militärgrenze errichtet wurde. Da die Untertanen in diesem Gebiet einen rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Sonderstatus genossen, wurde auch innerhalb der Monarchie eine markante Regionalgrenze sichtbar. Durch die Kolonistenansiedlungspolitik – dabei wird ein Unterschied zwischen der Populationistik Maria-Theresias und dem Physiokratismus Josephs II. gemacht – wurde eine neue Landschaft erschaffen bzw. „völlig neue Strukturen“ (S. 363) hervorgebracht: die Errichtung von Städten nach urbanem Muster, ein orthogonales Dorfsiedlungsschema, Verkehrsinfrastruktur, Wasserregulationssysteme usw.

Das Modernisierungsvorhaben der Habsburger war der „energischste Versuch einer Reform vor der Französischen Revolution“, wie es im etwas überschwänglichen Eintrag über den „Josephinismus“ (Joseph II., der „genialische Habsburger“, S. 318) heißt; er wurde jedoch paradoxerweise durch eben diese gestoppt und in die Ära des Neoabsolutismus umgeleitet. Der Prozess der sozialen Veränderungen ging dann mit der Revolution von 1848/49 weiter, als es zur Befreiung der Bauern aus der Leibeigenschaft kam und sich gewisse Formen des Bürgertums herausbildeten, während die Militärgrenze bis zu ihrer Auflösung 1881 weiterhin Merkmale einer militarisierten Gesellschaft beibehielt. Außerdem werden andere „tiefgreifenden gesellschafts- und nationsbildende Wirkungen“ (S. 319) des aufgeklärten Absolutismus auf Südosteuropa hervorgehoben, die v.a. im Aufbau eines Volksbildungswesens und der Pflege der Landessprachen bestanden. Waren diese ursprünglich dazu gedacht gewesen, konfessionelle, soziale und politische Verwerfungen in der ethnisch bunt gemischten Monarchie zu vermeiden, führten sie indirekt zur Nationsbildung bei ihren Völkern.

Dabei müssen v.a. die neuen Ideologien des Nationalismus und des Liberalismus eine besondere Rolle gespielt haben. Gerade in letzterem Eintrag stößt der Leser auf ein im Lexikon leider nicht seltenes Phänomen: Man spricht von Südosteuropa, in Wirklichkeit behandelt man aber nur einen Teil davon. Da in dem ansonsten gelungenen Artikel über Liberalismus der Hinweis auf Ungarn fehlt, erfahren wir nichts über den Liberalismus in der Habsburger Monarchie. Auf ganz Südosteuropa übertragen, entsteht dadurch ein verzerrtes Bild (ähnlich verhält es sich mit dem Eintrag „Arbeiter“ – dabei war Ungarn die am stärksten industrialisierte Region Südosteuropas). Außerdem wird damit die Chance zu einer vergleichenden Interpretation vertan.

Das heißt aber nicht, dass Ungarn im zu kurz gekommen wäre. Im Gegenteil. Zwar gibt es den Eintrag „Österreich-Ungarn“, doch werden die Themen weniger aus der gesamtheitlichen k.u.k.-Perspektive behandelt als auf Ungarn bzw. die in seiner Einflusszone stehenden Gebiete zugeschnitten. Denn wie ist zu erklären, dass man die Slowakei heranzieht, aber nicht Galizien; dass man dabei allerdings Czernowitz behandelt, aber das jenseits des Dnjestrs liegende Lemberg nicht? Aus dieser Perspektive stellt sich die Frage nach den Eingangs festgelegten Grenzen Südosteuropas in besonderer Schärfe wieder. Man bekommt den Eindruck, dass der Historiker hier eher mit dem chirurgischen Seziermesser arbeitet als mit weichen Buntstiften. Die Grenze wird primär als trennende Linie verstanden, denn nur so ist zu erklären, dass der größte Hafen der Monarchie, Triest, keinen Platz im Lexikon bekommt (sehr wohl hingegen die Triestkrise), dafür aber Rijeka; außerdem findet das benachbarte Görz Aufmerksamkeit.

Eine solch radikale Grenzziehung, die nicht immer auf den Übergangscharakter der Grenzgebiete achtet, kann vor allem den historischen Entwicklungen am Donau-Save-Streifen nicht gerecht werden. Einerseits weil die Mischung osmanisch-habsburgischer Einflüsse nicht zum Ausdruck kommt, die sich in der „doppelten osmanisch-habsburgischen Suzeränität“ (S. 502), später in der Militärgrenze und schließlich in der Habsburger Präsenz auf dem Balkan (Annexionskrise, Verbindungen mit Serbien) manifestierten; andererseits weil die Strahlkraft Wiens ignoriert wird: als urbanes und architektonisches Vorbild durch die Theaterhäuser, Bahnhöfe, Hotels oder den Wiener Barock, der „weiten Teilen der Donaumonarchie erstmals eine unverwechselbare, vielfach bis heute sichtbare Identität verliehen hat“, wie es im „Absolutismus“-Eintrag heißt (S. 21). Außerdem diente Wien als Anlaufstelle für viele Vorkämpfer der nationalen Unabhängigkeit der Balkanvölker und als Zentrum der intellektuellen Zirkel aus dem Südosten, was die Einträge über Aufklärung, Jakobinismus und die Freimaurer denn auch besonders akzentuieren. Nicht zuletzt werden dadurch die bedeutenden historiographischen Zeugnisse der Habsburger nicht gewürdigt („Historiographie“, „Mittelalter bis 19. Jh.“)

 

Die Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert ist die Epoche, die sich in der neueren Forschung Südosteuropas der größten Aufmerksamkeit erfreut; dementsprechend räumt ihr auch das Lexikon am meisten Platz ein. Ob als politische, wirtschaftliche oder soziale Prozesse, die Modernisierung in Südosteuropa wird im Spagat zwischen den disparaten osmanischen bzw. Habsburger Erfahrungen einerseits und den modernen Einflüssen aus Mittel- und Westeuropa andererseits betrachtet. In diesem konfliktträchtigen Gegensatz zwischen moderner Form und traditionellem Inhalt sind die Erklärungen für die wechselvolle neuere Geschichte Südosteuropas zu suchen.

Diese stand in erster Linie im Zeichen der Nationsbildung. Sie vollzog sich als nationale Befreiungsbewegung, so dass sie den Gestalt des Irredentismus bzw. des Sezessionismus annahm; jedenfalls war beiden Bewegungen das essentialistische Verständnis von Nation als Wiedergeburt, Risorgimento, gemeinsam. Der gesamte Prozess wird im Raster von Miroslav Hrochs dreistufigem Modell der Nationsbildung kleiner Völker eingefangen; jede dieser Phasen ist zusätzlich flankiert von einschlägigen Einträgen (Geheimbünde, Akademie, Matica, Epos). Dass eine solche Strukturierung kein Hindernis für die Interpretation individueller Muster der Nationsbildung sein muss, wird am Beispiel der Wahl der Legitimationsmitteln exemplarisch vorgeführt: Die nicht am französischen Vorbild der Staatsbürgerschaft, sondern am deutschen des Volkswesens orientierte Vorstellung von Nation bediente sich wahlweise aus dem Fundus der Sprache und Mythologie, der Konfession oder der Abstammung.

In Südosteuropa sind seit dem 19. Jahrhundert selbständige Staaten entstanden, die außenpolitisch in die Sphären der Großmächte gerieten und innenpolitisch zu keiner dauerhaften Stabilität finden konnten. Der mühsam entstandene Parlamentarismus machte bald den Diktaturen Platz, die politischen Parteien fanden selten zur demokratischen Form, die Idee des Liberalismus blieb nur eine zarte Pflanze. Die spezifischen Gründen für die langsame Entwicklung des politischen Lebens werden in dem jeweils länderbezogenen Einträgen über politische Parteien anschaulich gemacht: Es entfaltete sich nicht im Windschatten der zivilgesellschaftlichen Differenzierungen; vielmehr diente der autoritäre Staat als Motor, der zum Zwecke nationaler Homogenisierung wesentliche Lebensbereiche vereinnahmte. Die Folge war, dass im Inneren ethnische Minderheiten abgegrenzt und unterdrückt (Minderheiten/Minderheitenschutz) und nach außen in Südosteuropa mehrere Lokalkriege geführt wurden, begleitet von Bevölkerungsaustausch und Zwangsmigrationen. Obwohl in dieser Region seit dem Ende des 19. Jahrhunderts schätzungsweise zehn bis 14 Millionen Menschen Opfer dieses Phänomens wurden (S. 767), wird die These vom „Balkanismus“ im Lexikon auf Distanz gehalten. Die Kriege hatten ihre Gründe außerdem auch in dem für Südosteuropa spezifischen Umstand, dass sich die Nationsbildung nicht deckungsgleich mit der Formierung der Nationalstaaten vollzog. Im Lexikon werden diese Prozesse getrennt abgehandelt.

Auf dem Weg in die Selbständigkeit erwies sich die wirtschaftliche Unterentwicklung als großer Stolperstein für die südosteuropäischen Staaten. Die „Rückständigkeitsthese“ setzt trotz der unbestritten ungünstiger Weltwirtschaftsbedingungen (Orientalische Frage, Weltwirtschaftskrise, Weltkrieg/Erster/Zweiter) den Akzent auf die immanente Schwäche der Länder in Südosteuropa. Die Agrarwirtschaft war nicht der mögliche Push-Faktor; vielmehr erwies sich die Last der agrarischen Strukturen als allzu groß, so dass in keinem dieser Länder – teilweise mit Ausnahme von Ungarn – die industrielle Revolution zum Durchbruch kommen konnte (Industrialisierung). Vom Kapitalismus in Südosteuropa lässt sich nur im abweichenden Sinne sprechen, eher vom „Frühkapitalismus“ im Sinne Werner Sombarts. Der Wandel zu Industrieschwellenländern erfolgte erst unter der kommunistischen Herrschaft; durch die Gigantomanie der „Tonnenideologie“ wurden die immanenten Schwächen jedoch nur überdeckt und nicht gelöst, was beim dramatischen Absturz in den 1990er Jahren deutlich wurde.

Diese aus der gesamteuropäischen Perspektive betrachtet schwache wirtschaftliche Entwicklung war im Konkreten dennoch ausreichend, um gesellschaftliche Umbrüche herbeizuführen. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts bildeten sich Arbeiterschichten, auch das Bürgertum bekam nun deutlichere Konturen. Das Bild vom Tempo und der Art und Weise der sozialen Differenzierung in Südosteuropa wird jedoch unvollständig bleiben, da der für das Lexikon geplante Eintrag über Eliten nicht rechtzeitig eintraf. Aus den themenverwandten Einträgen geht die Tendenz hervor, dass die Eliten ihr Selbstverständnis im Windschatten der Staatsapparate entwickelten.

Der Staat, in allen Epochen der modernen südosteuropäischen Geschichte stets präsent, war aber alles andere als stark. Spätestens seit den 190er Jahren konnte er weder den Herausforderungen der Weltwirtschaftskrise noch den herannahenden Eroberungszügen der europäischen Mächte standhalten. Während die südosteuropäische Länder in der Wirtschaftsfrage untereinander ähnlich reagierten – durch verschärfte Zollpolitik und Versuche, gemeinsame Wirtschaftsstrategie zu entwickeln – schlitterten sie jeweils auf eigenen Wegen in die Katastrophe hinein. Mangels entsprechender struktureller Voraussetzungen konnte der Faschismus vor den Eroberungen durch ausländische Mächte in keinem dieser Länder, mit Ausnahme Rumäniens, zur staatstragenden Kraft aufsteigen; dies wirkte sich auf die Entstehung der profaschistischen Gruppierungen keineswegs hinderlich aus (Hlinko-Garde, Pfeilkreuzler, Erzengel Michael, Ustaše). Diese ließen sich unter dem Schutz Deutschlands und Italiens an die Macht hieven, wodurch die ethnische und politische Lage in Südosteuropa eskalierte: vom Bürgerkrieg bis zum Holocaust. Dass man von letzterem auch in Südosteuropa sprechen kann, lag nicht allein an der Servilität der einheimischen profaschistischen Regime sondern an dem tief verwurzelten und verbreiteten Antisemitismus. Schade ist nur, dass das Lexikon es bei diesem Bild über den Zweiten Weltkrieg belässt und nicht auch die Formen des Widerstandes berücksichtigt.

Dies schiene aber umso notwendiger, als die nachfolgenden kommunistischen Regime gerade daraus zeitlebens ihre Legitimation schöpften. Ihre Langlebigkeit über ein halbes Jahrhundert hinweg kommt im Lexikon etwas zu kurz; eingehend in den Einträgen über den einzelnen Staaten, kursorisch dort, wo Einträge die Perspektive der longue durée einnehmen. Und sie wagen auch den Blick in die Zukunft, die allerdings wenig Hoffnung verspricht und in der sich die Vergangenheit mehr oder weniger wiederholen wird (Bürgertum/Balkan, Modernisierung, Liberalismus).

 

Das Lexikon bietet eine Fülle an Informationen (auch über Jürüken, Tschitschen, Armatolen, Jobagyen, Burzenland und natürlich Dracula usw.), die Epochen der südosteuropäischen Geschichte sind ausreichend berücksichtigt, der Leser und die Leserin erhalten Einblick in den Forschungsstand. Dennoch kann man sich des Eindrucks nichts erwehren, dass das Lexikon etwas Unfertiges an sich hat. Nicht einige Druckfehler, die allerdings zu keinen weiteren Irritationen führen, und auch nicht die nicht immer schlüssige Vergabe von Querverweisen oder Verweise auf nicht vorhandene Einträge („Zimmis“ auf den Seiten 359, 377, 442) erwecken diesen Eindruck; es sind v.a. die fehlenden Beiträge, welche die Herausgeber eingeplant hatten, die aber nicht fertiggestellt wurden (S. 7). Dabei wird jedoch nicht erklärt, mit welchen konzeptionellen Folgen dieses Fehlen verbunden ist. Wäre mit den Einträgen „Sozialismus“ bzw. „Stalinismus“ über fünfzig Jahre Nachkriegsgeschichte in Südosteuropa schon alles gesagt? Sind andere Themen dann überflüssig, etwa die südslawische nationale Turnbewegung Sokol, die Emigration, Dissidenten, Gastarbeiter, nicht zuletzt die Geschichte der südosteuropäischen Geschichtsschreibung selbst?

Aber auch der Ausbau einiger im Lexikon präsenten Themen wäre wünschenswert; insbesondere nachdem z.B. Zypern zu Südosteuropa gerechnet, aber im gleichen Atemzug erklärt wird, auf seine Thematisierung werde weiter verzichtet; auch die Einbeziehung der slowakischen Geschichte in die südosteuropäische Ereignisse lässt zu wünschen übrig.

Gleichzeitig ist zu unterstreichen, dass die meisten hier vorgebrachten Kritikpunkte im milden Licht betrachtet werden sollen, ja müssen. Denn schon ein flüchtiger Blick auf die jedem Eintrag zugehörigen Literaturangaben macht deutlich, dass bei vielen Themen die aktuellsten Forschungsergebnisse lange zurückliegen – nicht selten schon einige Jahrzehnte; die Einträge Kordun, Macva, Šumadija oder Zisleithanien sind ohne irgendwelche Forschungsliteratur zustande gekommen. Außerdem soll die große Zahl der beteiligten Autoren nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aufgaben im Wesentlichen auf einige wenige Schultern verteilt waren. Denn die Feststellung, der Modernisierungsprozess Südosteuropas zeige „gravierende Forschungsdefizite“ (S. 452), beschreibt mit gewissen Abstrichen den aktuellen Zustand der Südosteuropaforschung insgesamt. All das lässt die Bedeutung dieses Vorhabens noch größer und die besondere Leistung der Autoren noch verdienstvoller erscheinen. Denn die Eingangs erwähnten interessierten Leserinnen und Leser haben in jeder Hinsicht ein nützliches Hilfsmittel für die Arbeit bekommen, auf das sie nicht mehr verzichten können. Jedenfalls wünscht man sich, dass auch dieses Lexikon zu vier Bänden heranwächst – mindestens!

 

1) M. Hatschikjan, St. Troebst (Hrsg.): Südosteuropa: Ein Handbuch. München 1999; H. Roth (Hrsg.): Studienbuch Östliches Europa. Geschichte Ostmittel- und Südosteuropas. Köln, Weimar 1999; K. Kaser: Südosteuropäische Geschichte und Geschichtswissenschaft. Wien, Köln, Weimar 2. Auflage, 2002.

 

Jovica Lukovic

 

Redaktion: Ulf Brunnbauer

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